• Foto: © Norbert Wähmer


    Ev. Friedenskirche Grünau, Don-Ugoletti-Platz, 12527 Berlin-Grünau



  • Foto: © Norbert Wähmer


    Ev. Friedenskirche Grünau, Don-Ugoletti-Platz, 12527 Berlin-Grünau


Denkmaltag 2021 "Die Orgel im Paradies"

Beitrag zum Denkmaltag des Berliner Senates 2021 „Sinnlich & Sinnvoll“, kombiniert mit dem Tag der Orgel.


Denkmaltag Samstag 11. 9. 2021

Preisverleihung Sonntag 14. 11. 2021


Download:

- Denkmaltag Samstag 11. 9. 2021

- Einladung und Programm zum Denkmaltag 2021

- Denkmaltag 2021 - Die Orgel im Paradies   -   in der Ev. Friedenskirche in Berlin - Grünau

 

 

 

Denkmaltag 2021 - Orgel im Paradies

Denkmaltag 2021 "Die Orgel im Paradies"

Ev. Friedenskirche Berlin-Grünau

Samstag 11. September 2021,   16.00 -19.00 Uhr


 

16.00 Uhr
Eröffnung:
Pfarrer Ulrich Kastner
Orgel: Marcus Crome
16.30 - 17.45 UhrKinderprogramm
17.00 - 17.45 UhrFührung
18.00 - 19.00 UhrMusik:
Orgel-Konzert mit Gesang
Bettina Schmidt   -   Sopran
Oliver Lüsch - Orgel
Peter Göring   -   Violine


Tomaso Albinoni: Violin-Sonate g-moll Op. 6 Nr. 2

J. S.Bach: Arie aus „Gott der Herr ist Sonne und Schild“

G. Fr. Händel: aus „9 Deutsche Arien“ 3 Arien



Bitte beachten Sie die tagesaktuellen Zugangsbestimmungen am 11. September 2021 für "Konzertbesuche in geschlossenen Räumen".  

 

 

 

Denkmaltag 2021 "Die Orgel im Paradies"

Beitrag zum Denkmaltag des Berliner Senates 2021 „Sinnlich & Sinnvoll“, kombiniert mit dem Tag der Orgel.


Herzlich willkommen an und in der Ev. Friedenskirche in Berlin - Grünau!


1. Die Friedenskirche

In unserer Kirche steht die Orgel im Paradies. Seit ihrer Einweihung im Jahre 1906 ist die Orgelempore mit Malereien geschmückt, die den Standort als Paradies charakterisieren. Die Wandmalereien der Kirche im Ganzen weisen auf die biblische Geschichte der Menschheit hin. 

Zunächst ein Blick auf die Kirche von außen, um aus den Konturen der Fassade auf die Innenaufgaben der Kirche schließen zu können. Die Orgelempore befindet sich über dem Eingangsportal. Dann folgt rechts die Taufkapelle mit einer Kuppel. Darüber befindet sich die Orgelnische. Das kreuzförmige bzw. kreisförmige Muster in der Fassade zeigt den Stand der Orgel im Innern der Nische an. Das Kirchenschiff verbindet die Orgelempore mit der Apsis. Die Apsis ist ein Raum, der einen halbkreisförmigen Grundriss hat und von einer Halbkuppel überwölbt ist. Die Apis schliesst das Kirchenschiff ab. In der Apsis befindet sich der Altar. In der Apsiskuppel befindet sich das Himmelreich mit Christus. An der Westseite sind zwei Quersatteldächer mit Blendgiebeln zu sehen. Der quadratische Turm ist 35 m hoch und unser Wahrzeichen. Er steht neben unserem Eingangsbereich. Ein Treppenaufgang zum Turm ist ebenfalls mit einer Kuppel versehen. Insgesamt sind viele kleine und große Türmchen und Kuppeln vorhanden, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3

Foto: © Klaus Steinike
Abb. 1
Eingangsbereich mit darüber liegender Orgelempore und rechts Orgelnische, hinter dem kreuzförmigen Ornament befindet sich die Orgel.


Foto: © Norbert Wähmer
Abb. 2
Eingangsbereich mit Orgelempore darüber, Taufkapelle mit Kuppel rechts neben dem Eingang. Darüber die Orgelnische mit kreisförmigem Ornament. Hinter dem Ornament im Innern befindet sich die Orgel. Die Ornamente zieren die Kirche als märkischer Fries.


Foto: © Norbert Wähmer
Abb.3
Das Kirchenschiff nach Westen mit Blendgiebeln, rechts Apsis mit Kuppel, links Turm, davor Turmaufgang mit Kuppel. Der Fries mit den märkischen Ornamenten zieht sich um die Kirche.


Die Kirche ist im neoromanisch - märkischen Stil mit gotischen Elementen erbaut. Der märkische Stil ist an den hellen Ornamenten, die als Fries um die Kirche laufen, zu erkennen. Charakteristisch sind die roten Ziegel und der grauweiße Nesselbergsandstein. Zwei Architekten haben gemeinsam an der Kirche gearbeitet: Ludwig von Tiedemann war der Architekt für die bauliche Konstruktion des Gebäudes. Und Wilhelm Walther war ebenfalls Architekt. Er war für den Innenausbau (auch Portale, Altar, Kanzel und den Inhalt der Malerei) verantwortlich. In den Unterlagen firmiert er als Bauleiter.

2. Innenmalerei der Kirche

Ursprünglich war die gesamte Kirche im Innern in Gänze mit Wandmalereien im Sinne der Heilsgeschichte bemalt. Nach dem damaligen Zeitgeschmack kamen verschiedene Malstile zur Anwendung. 

Die Malereien in der Orgelempore orientieren sich am Jugendstil. In der Apsis wirkt dagegen klassischer Historismus unter dem Einfluss byzantinischer Kunst. 

Der Maler F. W. Mayer, Mitinhaber der Firma F. W. Mayer und Weber Berlin Wilmersdorf, entwarf und schuf die technischen Vorbilder der Wandmalerei. Von F. W. Mayer stammte auch der Entwurf der Fenster-Glasmalereien der Friedenskirche, die während des Zweiten Weilkrieges zerstört wurden. In dieser Eigenschaft wird der Maler F. W. Mayer um 1900 in Berliner Architektur - Journalen genannt. 

Die Malereien der Friedenskirche wurden unmittelbar nach dem Rohbau innerhalb von 4 Monaten (August bis Dezember 1906) auf die frischen Wände aufgetragen. Bezüglich des Zeitpunktes der Ausführung der Malereien gab es damals zwischen dem Architekten und seinem Bauleiter Meinungsverschiedenheiten; von Tiedemann wollte die Wand erst austrocknen lassen und deshalb den Eröffnungstermin der Kirche auf 1907 verschieben. Offensichtlich setzte sich Walther durch. Die Kirche wurde noch im Dezember 1906 eingeweiht. 

Bei der Herstellung der Malereien wurde mit Pausen auf Pergament und bei den Bändern und Rippen mit Schablonen nach Vorlagebüchern gearbeitet.

Die Malereien wurden in den 60er Jahren übermalt. Die Wandmalerei der Kirche war während des Zweiten Weltkrieges durch Wasserschäden beschädigt worden. Der Konservator des Ev. Konsistoriums, Dr. Otto Härtzsch, traf 1951 die Entscheidung: Die Friedenskirche erhält eine „sachliche Farbgebung“. „Eine Restaurierung, zumal es sich nicht um künstlerisch wertvolle Arbeiten handelt, wäre nicht zu vertreten“ gewesen. Das war die damalige Meinung von Otto Härtzsch. Finanzielle Gründe und Ost-West-Probleme spielten ebenfalls eine Rolle. Die Malereien wurden in Etappen mit weißer Farbe, auch Latex, überstrichen (1952 bis 1966).

Für die Friedenskirche hat der Aachener Dom in mehrfacher Hinsicht eine Vorbildwirkung. Der um 800 eingeweihte Aachener Dom mit dem Oktogon ist seit Karl dem Großen ein Symbol für die kaiserliche Macht. Man bildete u. a. die 200 Jahre ältere byzantinische Kunst aus Ravenna nach. Ab der Reichsgründung von 1871 ist das Interesse der deutschen Kaiser an dem Aachener Dom als Symbol ihrer Herrschaft groß. Sie finanzierten die Renovierung und die Umgestaltung des Bauwerks.

Der Bau der Friedenskirche erfolgte etwa zeitgleich. Das Berliner Kirchenbauprogramm wurde ebenfalls von den deutschen Kaisern finanziell unterstützt. Kaiser Wilhelm II. und seine Ehefrau Kaiserin Auguste Viktoria waren durch die bauausführenden Architekten in das Bauprogramm der Friedenskirche einbezogen. Die Gemeinde hatte einen geringen Einfluss. 

Bei der Sanierung der Kirche durch das Architekturbüro Thoma und Thoma fand 2006 eine teilweise Freilegung der Malereien durch Norbert Helios, Fachbaudenkmal-Sanierung, statt. Der Restaurator Norbert Helios wies darauf hin, dass es sich in der Friedenskirche nicht um Freskomalerei handle. 

Die Kosten für die Sanierung trugen Kirchengemeinde und Denkmalbehörde.

3. Das Paradies

Das Paradies ist ein Ort, der in der Bibel beschrieben wird. Paradies, Garten Eden, auch Himmelstadt, himmlische Stadt Jerusalem sind Begriffe und Vorstellungen sowohl aus dem Alten Testament als aus dem Neuen Testament. Das Aussehen der Himmelsstadt geht auf Visionen aus der Offenbarung des Johannes Kap. 21 zurück. 

So ganz genau sind die Orte jedoch weder zu definieren noch zu lokalisieren. Eins scheint sicher zu sein:

Das Paradies ist ein Ort der Freude und der Fruchtbarkeit. Die Paradiesvorstellung verbindet die drei monotheistischen Religionen: Juden, Christen, Moslems. 

Die Begriffe Paradies und Himmelsstadt spiegeln insgesamt die Sehnsucht vieler Völker wider. Es geht immer um die Suche und den Wunsch der Menschen nach einem Ort des Glücks und der Geborgenheit. 

Während der Romanik und der Neoromanik wurden Vorstellungen zum Paradies bzw. zur Himmelsstadt häufig in die künstlerische Gestaltung einbezogen. Und so finden wir in den Wandmalereien der Friedenskirche zahlreiche Elemente, die auf das Paradies hindeuten. 

Selbst die zahlreichen Türmchen an der Außenfassade könnten mit dem Paradiesbegriff der Architektur in Zusammenhang gebracht werden. 

4. Die Musikantinnen der Orgelempore vor der Himmelsstadt mit dem Radleuchter

Die Orgelempore wird von drei Musikantinnen mit ihren Instrumenten beherrscht: Abb.4, Abb. 5, Abb. 6 Eine Viola, eine tragbare Handorgel (auch Portativ genannt) und ein Saiteninstrument, das mit einem Paukenschlägel gespielt wird. Die Orgelspielerin ist die zentrale Figur. Die orgelspielende Dame könnte der Heiligen Cäcilie nachempfunden sein. Die Heilige Cäcilie gilt als die Schutzpatronin der Kirchenmusik.

Foto: © Klaus Steinike
Abb. 4
Die 3 allegorischen Musikantinnen auf der Orgelempore gegenüber der Orgel, sie stehen zwischen den 4 Prunksäulen vor der Himmelsstadt Jerusalem, auf den Kapitellen ist 3fach das Lamm Gottes zu sehen.


Foto: © Klaus Steinike
Abb. 5
Die Musikantin mit der Viola, im Hintergrund die erhöht stehende Himmelsstadt.


Foto: © Klaus Steinike
Abb. 6
Die Orgelspielerin, rechts und links Prunksäulen. Auf den Kapitellen sitzt jeweils 3 x das Lamm Gottes.


Die musizierenden Damen werden von vier Prunk-Säulen eingerahmt. Die Säulen sind wertvollem roten Porphyr nachempfunden. Auf den Säulen sitzen je drei Lämmer als Kapitell. Die Säulen bilden den Eingang zu einer Stadt mit charakteristischen palastartigen Gebäuden (Abb. 7.). Und diese Stadt liegt auf einem Berg. Die Damen musizieren vor der Himmelsstadt. In der Offenbarung des Johannes wird angeführt: „und er führte mich auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem“, Offenbarung des Johannes 21, 10. 

Foto: © Klaus Steinike
Abb.7
Die Himmelstadt hinter den musizierenden Damen erhöht auf einem Berg stehend, Orgelempore.


Bilder eines analogen Bauwerks sind im unteren Umgang des Oktogons des Aachener Domes auf einem Mosaik zu sehen. Das Bauwerk wird dort als Gottesstadt (civitas dei) bezeichnet Abb. 8. Die palastartigen Bauten von Aachen geben durch ein Tor den Blick auf einen Radleuchter frei. Der Radleuchter ist quadratisch und symbolisiert nach der Offenbarung des Johannes die Umfassungsmauern der Gottesstadt. Diese Leuchter waren auf einem Rad angebracht. Bekannte Radleuchter sind achtgliedrig. Ein solcher Radleuchter hängt u. a. in der Kuppel des Oktogons des Aachener Domes und weist mit Text auf die Gottesstadt hin. Der Radleuchter in der Kuppel kommt von Gott aus dem Himmel und stellt die Himmelsstadt dar.

Foto: © Klaus Steinike
Abb.8
Himmelsstadt, civitas dei, mit Blick auf einen Radleuchter in dieser Himmelsstadt, das Mosaik stammt aus dem unteren Umgang des Oktogons im Aachener Dom.


In der Grünauer Friedenskirche hängt ein einfacher quadratischer Radleuchter mit nur 4 Toren in der Vorhalle Abb. 9Auch er weist auf die Gottesstadt hin.

Foto: © Klaus Steinike
Abb.9
Quadratischer Radleuchter in der Vorhalle der Friedenskirche, der Radleuchter symbolisiert ebenfalls die Himmelsstadt.


5. Die Paradiesbäume in der Orgelempore

Ein Blick auf die Orgelempore mit der Deckenbemalung und den Fenstern Abb. 10 und Abb. 11. Die drei Fenster in der Orgelempore werden von vier Paradiesbäumen umgeben. Nach den mittelalterlichen Vorstellungen verkörpert der Paradiesbaum Gottes Plan mit den Menschen.

Foto: © Norbert Wähmer
Abb.10
Blick auf die 3 Fenster der Orgelempore und die 4 Paradiesbäume.


Foto: © Klaus Steinike
Abb.11
Rispenbemalung im Gewölbe der Orgelempore.


Jeder Paradiesbaum steht in einer buntgemusterten Amphore und trägt Früchte. Im unteren Teil des Baumes sitzt eine Taube mit einem Pflanzenstil im Schnabel. Sie symbolisiert die Taube aus der Arche Noah Abb. 12, Abb. 13, Abb. 14. 

Die Taube ist ein Symbol für die Verbindung zwischen Gott und den Menschen, sie bedeutet Hoffnung, Versöhnung und Frieden.

Foto: © Klaus Steinike
Abb.12
Die 4 Paradiesbäume und die 3 Fenster treffen mit ihren Spitzen an der Taube zusammen.


Foto: © Klaus Steinike
Abb.13
Die Paradiesbäume stehen in gestalteten Amphoren mit Früchten, Pflanzen und einer Taube.


Foto: © Klaus Steinike
Abb.14
Details der Amphore mit Pflanzen, Früchten und Taube.


Die vier Paradiesbäume weisen mit ihrer Spitze auf eine Taube in der Kuppel. Diese Taube fliegt in die Sonne, d. h. sie fliegt in den Himmel. Der Himmel ist in der Friedenskirche in die Kuppel der Apsis gelegt. Da thront Christus der Weltenherrscher oder auch der Friedensfürst. Dorthin fliegt die Taube vom Paradies Abb. 15, Abb. 16. 

Foto: © Klaus Steinike
Abb. 15
Taube auf der Spitze der Paradiesbäume und Fenster.


Foto: © Klaus Steinike
Abb.16
DieTaube vergrößert, im Flug in den Himmel, umgeben von brennenden Herzen.


6. Die personifizierten Paradiesflüsse

Der üppige Pflanzenwuchs im Paradies ist in der Bibel eng mit den vier Paradiesflüssen verbunden. In der frühen christlichen Kunst des 4. Jh. entsprangen die Paradiesflüsse dem Paradiesberg. Im Mittelalter sind es antike Flussgötter, die das Wasser des Lebens aus Amphoren gießen. So sind die Paradiesflüsse auch in der Friedenskirche dargestellt. Die Flussgötter sind rechts und links von je einem Heiligen mit Heiligenschein umgeben. Die personifizierten Paradiesflüsse befinden sich auf der Ostseite des Kirchenschiffes unter den vier Fenstern, oberhalb der vier Bögen, in der Reihenfolge von der Apsis beginnend: Euphrat, Tigris, Phison und Gyon. Die wasserspendenden Flussgötter sind nur noch recht schemenhaft zu erahnen. Zu den Paradiesflüssen gibt es jedoch eine Beschreibung durch den Maler F. W. Mayer. Dadurch ist sicher, dass es sich in der Kirche um die Paradiesflüsse handelt. Und der damalige Pfarrer hat sogar einen Artikel zu den Paradiesflüssen geschrieben. Abb. 17, Abb. 18, Abb. 19.  Abb. 19x

Foto: © Klaus Steinike
Abb. 17
Ostseite des Kirchenschiffes mit den Paradiesflüssen unterhalb der Fenster und oberhalb der Wölbungen


Foto: © Klaus Steinike
Abb. 18
Heiliger vom Fluss Gyon mit Flussgott im Medaillon und Ornamenten


Foto: © Horst Weinert
Abb. 19
Heiliger von einem Flussgott.


Foto: © Klaus Steinike
Abb. 19x
Flussgötter mit Wasser-Amphore und Paradiesfluss umgeben die Himmelsstadt Jerusalem, das Mosaik wurde im Oktogon vom Aachener Dom aufgenommen und zeigt eine gewisse Parallelität zur Friedenskirche Grünau.


7. Das Reich Gottes in der Apsiskuppel gegenüber dem Paradies

Zum Paradies gehört auch das Reich Gottes. Und das Reich Gottes befindet sich in der Friedenskirche gegenüber dem Paradies. 

Christus, der Herrscher der Welt, sitzt erhöht auf einem Thron, der mit Edelsteinen besetzt ist. Er wird auch als Friedensfürst bezeichnet. Christus segnet die Welt. Die vier Evangelisten umkreisen ihn. Sie tragen sein Wort in alle vier Himmelsrichtungen. Zu seinen Füßen stehen Heroldengel, die Boten Gottes. Abb. 20, Abb. 21, Abb. 22

Die Anordnung von Christus und den Evangelisten in der Apsis der Friedenskirche ist analog der Anordnung von Christus und den Evangelisten in der Kuppel im Oktogon des Aachener Doms gestaltet.

Foto: © Sascha Gebauer
Abb.20
Christus, der Weltenherrscher auf seinem Thron, Apsiskuppel der Friedenskirche.


Foto: © Klaus Steinike
Abb. 21
Evangelist Markus als Löwe vor dem Thron.


Foto: © Klaus Steinike
Abb.22
Heroldengel vor dem Thron  umgeben von Blumen.


Der Bogen trennt das Kirchenschiff von der Apsis ab. Im Scheitel des Bogens ist das Lamm Gottes mit 12 singenden und jubilierenden Engeln zu sehen. Das Lamm Gottes steht im engen Zusammenhang mit der Gottesstadt. „Im Lebensbuch des Lammes sind alle aufgeschrieben“, die in die Gottesstadt hineinkommen Off. 21, 27. Abb. 23

Foto: © Klaus Steinike
Abb.23
Lamm Gottes mit jubilierenden Engeln, im Scheitel auf dem Bogen vor der Apsis.


8. Wie wirkt die Kirche auf den heutigen Besucher

Die Friedenskirche zeigt einen bestimmten Stil. Dieser Stil wurde bewusst von Menschen geprägt. Die künstlerischen als auch die politischen Ansichten der damaligen Zeit spielen eine Rolle. Die Friedenskirche enthält Elemente, die an das Paradies erinnern. Es gibt Symbole, die auf Christus zurückgreifen bzw. ihn glorifizieren. (wie z. B. die Zahlensymbolik, Engel mit bestimmten Aufgaben und die Blumenornamentik). Wir empfinden heute anders? Die Kirche ist verwirrend? Oder beruhigt sie? Das ist sicherlich eine Geschmackssache. Auf mich wirkt die Erhabenheit und die Atmosphäre der Kirche beruhigend. Der Blick wird schon von außen auf Christus in der Apsis gezogen. Man spürt die Zeit, auch die Zeit, die vergangen ist. Der Inhalt der Bilder ist nicht unbedingt gleich zu erkennen. Ich kann zur Ruhe kommen, beobachten, nachdenken, überlegen und z. B. die Musik der Orgel genießen. Man muss auch beobachten wollen. „Man sieht nur, was man weiß“ (Goethe).

9. Die Orgeln der Friedenskirche

Die historische Grunwell-Orgel mit romantischer Disposition wurde 2020 eingeweiht, Abb. 24

Die Orgel ist ein Instrument des englischen Orgelbauers J. M. Grunwell aus Derby um 1860. Sie dient vor allem der Gestaltung von Gottesdiensten und ist geeignet zur Begleitung einzelner Instrumente. Die Orgel verfügt über 12 Register auf 2 Manualen und Pedal und über 627 Pfeifen und über 6 hölzerne Prospektpfeifen. Durch die mechanische Traktur ist das Instrument besonders dynamisch zu spielen. Die Grunwell-Orgel ersetzt eine defekte pneumatische Orgel. 

Die Orgel wurde durch Spenden der Gemeinde bezahlt, der Kirchenkreis gab einen Zuschuss dazu. 

Eine wesentliche Rolle bei der Aufbringung der Spenden spielten die seit 1999 durchgeführten Sommerkonzerte. Die Sommerkonzerte wurden initiiert und über lange Jahre von Dr. Horst Weinert (1999 – 2010) organisiert, später dann von Kirsten Bähr (2011 – 2012) und Monika Schmidt (2013-2019).

Der Kauf der Orgel in den Niederlanden, der Einbau und die Erweiterung in der Friedenskirche erfolgte 2019 unter Leitung von Martin Schubert, dem Orgelsachverständigen der EKBO (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz). 

Die erste Erprobung der Orgel in Holland nahm Willem Blonk im Auftrag der Gemeinde vor, er war Organist der ehemaligen Partnergemeinde in Rotterdam. Der Holländer René Nijsse war der Orgelbauer vor Ort. An der Basis in Grünau fungierte eine Orgelkommission mit Hans und Christoph Behrendt, Hannelore Conrad, Dr. Bernhard Henschel, Pfarrer Ulrich Kastner und Detlef Schönrock.

Foto: © Norbert Wähmer
Abb.24
Orgel auf der Orgelempore
die Orgelempore wird zum Kirchenschiff durch betende Engel in der Laibung abgeschlossen


Foto: © Norbert Wähmer
Abb. 25
Originalmalerei in der Orgelnische, beim Ausbau der alten Orgel offengelegte Malerei. Aufgemalte Gesteinsblöcke in der Art von Ravenna, dreizählige Blumenornamentik und Schachbrettmuster.


Die Orgel befindet sich in einer Nische auf der Orgelempore, zwischen der Taube rechts und dem Christus in der Apsiskuppel links. Die Nische verfügt noch heute über die erste Wandbemalung von 1906: aufgemalte Gesteinsblöcke im Innenteil der Kirche im Stil der Ravenna-Kirchen um 600, Schachbrettmuster und Blumen, die die Dreieinigkeit zum Ausdruck bringen (zu sehen links vorne an der Nische) Abb. 25.

Zur Orgel gehört ein Orgelprospekt in braunem Holz mit herausgearbeiteten symbolischen Blumen. Es ist eine jahrhundertealte Tradition, Orgelprospekte als auch Prospektpfeifen bisweilen künstlerisch nach unterschiedlichen Gesichtspunkten zu verzieren. 

Die Künstlerin Coco Kühn hat 24 Vorschläge zur möglichen Gestaltung der Holzprospektpfeifen unterbreitet. Der Gemeindekirchenrat hat aus diesem Angebot ein Siegerexemplar ausgewählt

Auf den linken Holzprospektpfeifen leuchten Segelboote, die typisch für den ursprünglichen Aufstieg von Grünau sind. Die erste offizielle Segelregatta in Grünau wurde 1868 veranstaltet. Die Wasserkampfbahn in Grünau ist die älteste Sportstätte Berlins, die noch genutzt wird. 

Auf den gegenüberliegenden rechten Holzprospektpfeifen sieht der Entwurf die Abbildung der heutigen Gefährdung der Gewässer durch Kunststoff - Müll vor.

Schönheit der Natur auf der einen Seite und Vernichten der Natur durch Vermüllung auf der anderen Seite. 

Das Motiv ist eine Mahnung! Das Paradies, unsere Erde, soll nicht durch den Menschen zerstört werden. Abb. 26, Abb. 27.


Foto: © Norbert Wähmer
Abb.26
Die Grunwell-Orgel mit den bemalten Holzprospektpfeifen durch Coco Kühn, August 2021


Foto: © Norbert Wähmer
Abb.27
Die Grunwell-Orgel mit den bemalten Holzprospektpfeifen, auf der Orgelempore, durch Coco Kühn, August 2021


Ursula Steinike


  •   Ein Teil der Fotos und Ideen zum Denkmaltag 2021 stammen aus der Broschüre: 

"U. Steinike und K. Steinike, die Heilsgeschichte, dargestellt an der Innenausmalung der Ev. Friedenskirche Berlin Grünau" Herausgeber: Ev. Kirchengemeinde Bohnsdorf-Grünau, Pf. Ulrich Kastner, 2016, 60 Seiten.

  • Angaben zum Kauf der neuen Orgel gab Pf. Ulrich Kastner und konnten verschiedenen Nummern des Weinstocks entnommen werden. 
  • Über die Verantwortlichen der Sommerkonzerte schrieb Dr. Horst Weinert. Über die von ihm in mehr als 10 Jahren organisierten Konzerte wurde in allen Gemeindezeitungen, örtlichen Journalen und in der „Kirche“ regelmäßig berichtet.  

 

Siehe auch online-Führung Denkmaltag 2021: Die Orgel im Paradies
Nach oben